Forschung

Mein Dissertationsprojekt setzt sich mit dem Zusammenhang von „Rasse“- und Geschlechterdiskursen in den USA, Deutschland und England entlang der Schauspielerin Anna May Wong (1905-1961) auseinander. Anna May Wongs mehrere Jahrzehnte umspannende Karriere ist insofern außergewöhnlich, als dass sie als chinesisch-amerikanische Schauspielerin in der US-amerikanischen und europäischen Filmbranche erfolgreich war, dabei jedoch auf Widerstände stieß und sich mit diesen auf ambivalente Weise auseinandersetzte. Die Arbeit geht Anna May Wong als Kristallisationspunkt für Verhandlungen über rassifizierte und vergeschlechtlichte Grenzziehungen auf die Spur. Im Mittelpunkt stehen die Inszenierung Wongs in den Filmen, die sie von 1922-1937 in den jeweiligen Ländern gedreht hat, und ihrer Wahrnehmung. In der Untersuchung ihrer Inszenierung und Wahrnehmung werden diskursive Verflechtungen, Unterschiede und Brüche sichtbar. Im Untersuchungszeitraum verändern sich zudem geopolitische Machtrelationen zwischen Europa, den USA und China signifikant, die auf die Konstruktion von Differenzfiguren erheblichen Einfluss haben und die in der vorliegenden Arbeit herausgearbeitet werden. Zugleich nimmt sie auch Wongs eigene Subjektivierungsstrategien in den Blick und fragt danach, in welchem Verhältnis von Leben und Werk zueinander stehen. Anhand einer Mikrogeschichte entlang der Person Anna May Wong wird eine Geschichte der Abgrenzungs- und Aneignungsbewegungen zwischen Europa, USA und China erzählt.

In Wongs Inszenierungen nehmen Praktiken der Produktion von gender und race , wie etwa Cross-dressing, eine außergewöhnliche Stellung ein, weshalb die Arbeit diese Inszenierungen anhand von Close-readings und unter Bezugnahme kulturtheoretischer Überlegungen untersucht. Am Forschungsgegenstand lässt sich zeigen, dass die Differenzsetzungen nicht antithetisch, sondern oftmals ineinander vermittelt verlaufen. Wongs Filmfiguren haben zumeist den Status von Grenzüberschreiterinnen, die als „cultural broker“ oder Spiegelfiguren symbolische Differenzsysteme verkomplizieren und infrage stellen. Die Arbeit zeigt, dass in den Filmen symbolische Grenzen vorrangig im Zusammenhang mit Schwellen- und Transiträumen überschritten werden. Die Untersuchung von Anna May Wong als Ausnahmephänomen verweist zum einen auf die diskursiven Regeln rassifizierter und vergeschlechtlichter Abgrenzung. Zum anderen bringt sie den spannungsreichen Überschuss zum Vorschein, der zeigt, dass das Andere im Eigenen immer schon enthalten ist.